Kleine und große Träume von Freiham
Andrea, Sebastian und die kleine Nora: Das ist Familie Letschert aus Freiham. Progeno-Autorin Claudia Hautkappe hat sie zum Interview getroffen. Zusammen malen sie sich einen typischen Freiham-Tag in der Zukunft aus.

Was macht ihr beruflich?
Andrea: Ich bin Biophysikerin, habe Biologie studiert, dann in der Biophysik promoviert und bin jetzt als Wissenschaftlerin bei einer Firma in Martinsried angestellt.
Das ist ja günstig, weil in der Nähe …
Andrea: Genau. Es sind nur so sieben, acht Kilometer. Das heißt, ich kann weiter mit dem Fahrrad fahren. Das ist natürlich perfekt.
Sebastian: Ich habe auch Biologie studiert. So haben wir uns kennengelernt – in Würzburg an der Uni. Und ich habe dann auch in der Biophysik promoviert, auch in Würzburg, übrigens eine sehr schöne Studentenstadt. Dann sind wir nach München gekommen. Momentan arbeite ich noch in Martinsried in einem anderen Biotech-Unternehmen, aber die ziehen bald nach Obersendling. Das heißt also weiter weg von Freiham. Aber man kann da immer noch sehr gut mit dem Fahrrad hinfahren.
Die schöne Zeit als Studenten in Würzburg hat also eure Vorstellung von gutem Leben geprägt. Wie seid ihr denn auf die Progeno gekommen?
Andrea: Das ging so ein bisschen über mich. Der Beweggrund war natürlich, dass wir nach größerem und bezahlbaren Wohnraum gesucht haben. In München nahezu unmöglich. Wir haben dann sogar überlegt zu kaufen, uns dann aber gedacht »Nee, das ist nicht vernünftig!«
Sebastians Schwester wohnt schon länger in einer Genossenschaft – nicht so eine wie die Progeno, denn dort geht es primär nur um das bezahlbare Wohnen. Aber so bin ich schon mal auf die Idee Genossenschaft gekommen und bin dann in München bei der Mitbauzentrale auf die Progeno gestoßen. Ich habe mir auch die anderen Genossenschaften angeguckt. Aber die Progeno war die Einzige, die auch Updates geschickt hat, davon was gerade an Wohnungen verfügbar war.
Dann hatten wir eine Informationsveranstaltung und es hat uns super gefallen, als vorgestellt wurde, was der Sinn dahinter ist: nämlich, dass es nicht einfach nur um bezahlbares, sondern auch um gemeinschaftliches Wohnen geht.
Sebastian: Genau, im Juni 2021 haben wir das erste Mal Kontakt mit der Progeno aufgenommen. Im September waren wir dann bei der Info eins und Info zwei und dann ging das ganz schnell. Mitte Oktober wurden wir Mitglied, und dann kam auch schon das Richtfest auf WA4.
Was gefällt euch am Prinzip Genossenschaft? Was ist bei der Progeno neu für euch? Und wie steht ihr dazu?
Sebastian: Wir hatten uns zuvor noch gar nicht so stark mit Wohnungsgenossenschaften auseinandergesetzt. Das ganze Konzept des gemeinschaftsorientierten Wohnens hat uns sehr gut gefallen – kannten wir vorher noch nicht so im Detail. Die vielen Gemeinschaftsflächen, die Selbstverwaltung und -organisation – das hat uns doch sehr überzeugt. Uns hat auch überzeugt, dass da Leute zusammenkommen, die die gleichen oder sehr ähnliche Werte teilen. Die Progenos, die wir bisher getroffen haben, da hatten wir gleich das Gefühl, das passt schon, da kommt man auf den gleichen Nenner.
Jetzt speziell an der Progeno hat uns gefallen, dass die so offen und auch von der Homepage sehr transparent sind. Die Infoveranstaltungen haben uns zu guter Letzt überzeugt.
Was Negatives fällt mir jetzt gar nicht so ein. Wir hatten schon erstmal Respekt davor, wie das ist, in einer Gemeinschaft einen Konsens zu finden. Ob man zu einer Einigkeit kommt, gerade weil man so viele Dinge, die das Projekt angeht, gemeinschaftlich und demokratisch beschließt. Aber bis jetzt, abgesehen von Details oder kleinen Streitpunkten in den Baugruppentreffen, war das für das Gesamtbild überhaupt nicht so wichtig. Wir sind eigentlich nur positiv gestimmt.

Schön… Ein anderer Punkt, der mich noch interessieren würde: Wo engagiert ihr euch? Habt ihr schon irgendeinen Arbeitskreis oder Einstieg gefunden?
Andrea: Bisher noch gar nicht in so vielen Bereichen. Also wir sind ja erst spät dazugekommen.
Stimmt, ihr seid ja recht frisch dabei.
Andrea: Eigentlich haben wir uns ja fast schon ins gemachte Nest gesetzt. Bei der Gemeinschaftsküche war ich noch mit involviert. Und neu gründet sich ja gerade der AG Nachhaltigkeit. Da habe ich mich auch mit eingetragen. Das Ganze ist dort aber noch in den Startlöchern. Ich finde es toll, dass es sich dabei um einen Progeno-übergreifenden Arbeitskreis handelt, also nicht nur mit uns aus Freiham, sondern auch mit denen vom PEP.
Sebastian: Ich bin auch im AK Selbstverwaltung seit Anfang an mit dabei, also seit Anfang diesen Jahres … und da sind wir, finde ich, schon ein ganz gutes Team geworden. Es wird natürlich spannend, wenn es konkret wird ab Einzug.
Schon spannend, wie ihr durch Transparenz mit euren Listen für Aufgaben und Stunden versucht, die Ungerechtigkeit zu vermeiden, dass die immer gleichen Leute sich engagieren, während es anderen vorzugsweise um günstigen Wohnraum geht. Da ist sicher viel zu bedenken …
Sebastian: Ja, es gab schon einiges zu regeln. In den letzten Wochen und Monaten ging es darum, die Einteilungslisten zu planen, zu schreiben und dann in der Baugruppe zu kommunizieren. Es ging auch um die Reinigung der Treppenhäuser, ob man da eine externe Firma beauftragt oder das selbst organisiert. Was jetzt anlaufen wird, ist die Arbeitsgruppe „Wartung und Schäden“, was dann ganz spannend beim Einzug wird, wenn die ersten Bewohner von WA 4 ihre Wohnungen beziehen. Da gibt es einiges zu organisieren. Deshalb ist es auch gut, wenn schon jetzt eine gute Mannschaft beisammen ist.
Wir sind jetzt im August 2022. Wollen wir uns jetzt mal vorstellen wie euer Leben in zwei Jahren ausschaut?
Andrea: Hmmm.
Sowas wie: morgens klingelt es an der Tür. Nachbarn kommen und sagen „Hallo Nora, magst du mit uns runter an den Spielplatz?“ Dann geht einer von euch und holt von der Solawi-Verteilerstelle die Gemüsekiste ab. Melone und Paprika kleinschneiden, weil ihr nachher nämlich mit dem gesharten Auto zum nächsten Badesee fahrt zum Planschen.
Sebastian: Ja, das klingt schön.
Andrea: Wir haben uns schon sehr ähnliche Gedanken gemacht.
Sebastian: Wenn wir sagen, es wäre ein sehr schöner oder gar perfekter Tag in der Zukunft, dann wäre es erstmal Wochenende. Nora ist dann etwa vier – eventuell mit einem Geschwisterlein. Nora wird uns auf jeden Fall morgens aufwecken.
Andrea: Und einer von uns beiden darf dann noch ein bisschen länger liegen bleiben.
Sebastian: Das bin ich!
((allgemeines Lachen))
Andrea: Ja, wir könnten natürlich auch noch auf die Dachterrasse zum Sonnenuntergang… .
Ich gehe schon mal mit ihr vor die Tür in den Innenhof. Und natürlich sind da ganz viele andere Kinder, mit denen Nora zusammen spielt. Wir gehen dann alle zusammen Brötchen holen. Danach gehen wir in den Unverpackt-Laden um die Ecke und kaufen ein bisschen was für das Picknick später ein.
Sebastian: Dann hatten wir uns ausgemalt, dass heute Apfelernte bei der Wertschöpferei ansteht, und tatkräftige Hände gebraucht werden. Wir nehmen eines der vielen Gemeinschafts-Lastenräder, beladen es mit Kind, Picknick und co, und fahren dann zu den Apfelbäumen, die keine drei Kilometer entfernt stehen. Und da wird dann tüchtig mitgeholfen. Nachmittags kommen wir wieder zurück und gehen auf den Wasserspielplatz mit Nora und den anderen Progenis. Andrea geht anschließend zur Progeno-Bandprobe als Sängerin – Üben für den Auftritt beim anstehenden Ramadama!
Und ich bin im Treffen vom AK Selbstverwaltung, vielleicht im Innenhof mit kühlem Getränk – da können die Kinder auch dabei sein. Danach sitzen wir noch gemütlich im Innenhof und im Garten bis es ins Bett geht. So stellen wir uns das vor.

Sebastian: Wir sind auf demselben Stockwerk.
Worauf wir uns auch noch freuen ist die Boulder-Halle in Freiham. Da sind wir nämlich jetzt schon immer mal nach der Arbeit hingefahren. Und das ist eigentlich so eine der Leidenschaften, die wir wieder gerne aufnehmen würden, das Klettern und Bouldern mit Freunden. Es finden sich bestimmt auch einige Progenos, die Spaß dran haben.
Bestimmt! Ich danke für das Gespräch.
Sebastian: Gerne!
Claudia Hautkappe | Fotos: Familie Letschert
