Einfach mal „mit der Tür ins Haus fallen“

Ein wunderbares Familieninterview mit Brekalos im PEP

Ich gebe es zu: Der Journalistenberuf ist einfach die perfekte Möglichkeit, Menschen „per Auftrag“ näher kennen zu lernen. Besonders die, mit denen man sonst vielleicht zu wenig Gelegenheit zu sprechen hat. Genauso erging es mir mit Ruza Brekalo und ihrer Familie – bis zu einem Sonntag im Oktober …
Einige Wochen zuvor schien Ruza überrascht zu sein, als ich sie fragte, ob sie Lust auf ein Interview für das Progeno Magazin habe. Denn sie gehört zu jenen Menschen, die immer freundlich und hilfsbereit sind, sich aber nicht so im Rampenlicht sehen, eher zurückhaltend sind, wenn im Hof Gruppen von Nachbarinnen zusammensitzen und quatschen. Doch sie schien sich über die Idee zu freuen und lud gleich meine ganze Familie zu sich ein.

Brekalos leben in einer eher „extravagant“ geschnittenen Wohnung. Man fällt quasi „mit der Tür ins Haus“, wie in manchen amerikanischen Wohnungen betritt man über eine Loggia gleich die Küche mit Essbereich, der nahtlos ins Wohnzimmer übergeht. Alle Schlafräume liegen im hinteren Tel der Wohnung. Ruzas Jungs Manuel und Michael zeigen mir auch gleich stolz ihre Zimmer, eins davon mit eigenem Balkon. Ich nutze die erste Viertelstunde, bevor meine eigene Familie dazu stößt und unterhalte mich mit Ruza und ihrem Mann Barisa darüber, wie sie zur Progeno gekommen sind.
Und wie immer ist das eine spannende Geschichte, und eine Geschichte von Schicksal, Zufällen und großer Zufriedenheit nach fünf Jahren im Prinz-Eugen-Park.
Dabei war es nicht absehbar, dass sich für Ruza alles so zum Guten wenden würden. Denn der Anlass, der sie vor 15 Jahren nach Deutschland brachte, war kein schöner. Ruza lebte damals noch in Kroatien, ihre Eltern bereits in München. Von einem Tag auf den anderen änderte sich ihr Leben. „Mein Bruder und einige Freunde hatten einen schrecklichen Autounfall“, erzählt sie. Der Unfall hinterließ schwerste Kopf- und Gehirnverletzungen bei ihm. Ruza ließ ihn nach Großhadern bringen, wo er nach einigen Wochen zwar entlassen werden konnte, jedoch im Wachkoma blieb – für neun quälend lange Monate. Ruza holte ihn zu den Eltern – und blieb, um ihn zu pflegen, jahrelang. Noch immer ist er auf den Rollstuhl angewiesen. Eine Zeit, die sie soviel Kraft kostete, dass ihr noch immer Tränen in den Augen stehen, wenn sie davon erzählt. Ruza blieb in München, lebte in verschiedenen Wohnungen in Oberföhring und lernte ihren Mann Barisa hier kennen, in einem Café.

Ruza Brekalo, Silvia Renauer, Barisa Brekalo und Daniel Renauer (Bild: Silvia Renauer)

Während Ruza erzählt, kommt meine Familie dazu, und wir alle werden verwöhnt mit fantastischem Kuchen. Ich glaube, Ruza, gelernte Chemie-Laborantin, wäre eigentlich auch eine gute Konditorin. Es ist nicht der erste spitzenmäßige Kuchen, den ich von ihr bekomme. „Geht ganz einfach“, grinst sie, und ich denke mir nur „jajaaa … klar .…“

Inzwischen zeigen ihre Jungs meinen Mädels ihre Zimmer, spielen Karten miteinander. Wir schweifen thematisch ein wenig ab, reden mit Barisa, der Elektriker ist, über Fachkräftemangel – und den Nahostkonflikt, Barisa fühlt sich in vielem erinnert an die schlimme Zeit des Balkankriegs. Nachrichten mag er gar nicht mehr sehen. Lieber verbringen sie viel Zeit in ihrer Kirchengemeinde St. Michael, wo kroatische Gottesdienste gefeiert werden und sie viele Freunde haben.
Oder auf dem Fußballplatz, beide Jungs spielen im Verein.

Ruzas Jungs beim Fußballtraining in Oberföhring

Aber auch bei der Progeno fühlt sich die Familie wohl. Für sie eingesetzt hatte sich damals Progeno-Mitglied Christina Köhler, bei der Ruza zu dem Zeitpunkt als Reinigungskraft arbeitete.
Inzwischen landet eine ausgewachsene Brotzeitplatte mit kroatischen Wurst- und Schinkenspezialitäten auf dem Tisch, und ich bin ganz gerührt von soviel Gastfreundlichkeit. Wie schön, denke ich mir, dass ich die Geschichte der Brekalos auf so freundschaftliche Art und Weise kennenlernen darf. Wie schön, dass es auch nach fünf Jahren so wunderbare Menschen kennenzulernen gibt.

Silvia Renauer | Fotos: Familie Brekalo

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