Lina und Matthias, Mitglieder der Neufreimanner Baugruppe, im Interview mit Felizitas
Sie erzählen von ihren vielseitigem beruflichen und familiären Hintergrund, ihrem Weg zur Progeno und welche Werte sie besonders schätzen und wo sie sich in der Baugruppe bereits engagieren. Die Idee, in einer genossenschaftlich organisierten Gemeinschaft zu leben und aktiv mitzuwirken, begeistert beide. Außerdem freuen sich darauf, das neue Viertel für sich und ihre Familie mitzugestalten.
Ja, schön, dass ihr euch die Zeit nehmt, hier im Zoom zusammen zu kommen. Es geht ja darum, dass euch die anderen ein bisschen kennenlernen – also keine vollständige Biografie, keine Lebensbeichte, keine Bewerbung. Und natürlich interessieren uns auch eure Gedanken zur Genossenschaft.
Lina: Ich bin die Mama von Finn (4) und Jona (8 Monate).
Ich komme aus den Bergen, vom Land, aus einer großen Familie, wo immer viel los ist. Während des Studiums und dann auch wg. der beruflichen Möglichkeiten, die die Stadt bietet, bin ich dann in München gelandet, wo ich seit 18 Jahre lebe – habe mich hier total eingelebt. Ab und an genieße ich es sehr, auf dem Land zu sein, liebe aber auch das Stadtleben mit den vielfältigen Angeboten für Erwachsene und Kinder.
Matthias habe ich dann auch in München kennengelernt. Schnell haben wir uns entschlossen, dass wir gerne in München bleiben, auch wenn die Wohnungssituation schwierig ist.

Und da kamt ihr dann auf das Thema Genossenschaft?
Lina: Vor ein paar Jahren habe ich mal einen Bericht über Genossenschaften gesehen und fand es total spannend und innovativ, wie man Leben in der Stadt auch anders gestalten kann – eine tolle Form der Verbindung von Gemeinschaft. Vom Landleben kenne ich einiges davon – man hilft sich gegenseitig, man kennt sich; das habe ich in der Stadt immer etwas vermisst. Sehr gut gefallen hat mir auch diese Mischung der Generationen aus jungen Leuten, Familien und älteren Menschen und die soziale Durchmischung. Matthias fand die Idee auch richtig schön – so haben wir uns näher mit dem Thema Genossenschaften beschäftigt.
Super, ich komme gleich nochmal auf dieses Thema zu sprechen, aber jetzt interessiert mich erstmal, wo du herkommst, Matthias.
Matthias: Ja, bei mir ist eigentlich alles genau andersrum – ich komme aus einer sehr kleinen Familie (mit einem älteren Bruder). Aufgewachsen bin ich in einer kleinen Stadt in Brandenburg, ca. 150 Kilometer ostwärts von Berlin, auch in einer geteilten Stadt: Zwei Drittel liegen auf polnischer Seite, ein Drittel auf deutscher Seite – es trennt uns nur die Neiße.
Das prägt den Ort auch sehr, oder?
Matthias: Ja, klar, bevor Polen dann auch ins Schengener Abkommen aufgenommen wurde, war hier eine richtige Grenze. Aber wir kamen trotz Grenze zusammen, z. B. haben wir mit den Polen Fußball gespielt; so gab es immer einen Austausch über die Schule oder die Sportvereine.
Nach meinem Abitur ging ich zur Bundeswehr, war dort Offizier und bin dann an die Bundeswehr-Universität in München. In dieser Zeit 2010 haben wir uns auch kennengelernt.
Und München hat dir auf Anhieb gefallen?
Matthias: Nicht ganz – tatsächlich habe ich eine Weile gebraucht, um mit München warm zu werden, nicht so sehr wegen des Bayerischen (das kannte ich aus meiner Zeit in Unterfranken, wo ich mal stationiert war). Ich war Berlin gewohnt und das ist schon sehr anders. Mittlerweile hat sich das sehr gedreht, denn inzwischen fühle ich mich komplett wohl in München und fremdle manchmal so ein bisschen mit Berlin.
An der Uni habe ich Sportwissenschaften studiert, weil ich Sport immer schon gern gemacht habe. Das Studium ist Teil der Offizierausbildung, denn Offiziere sollen Problemstellung selbstständig erkennen und eine sachlich und fachlich fundierte Lösung erarbeiten können. Darüber hinaus ist es für Offiziere, die wie ich die Bundeswehr nach Ablauf ihres Zeitvertrages verlassen wollen, auch gleichzeitig als berufliches zweites Standbein gedacht. Mit der Ausbildung zum Offizier allein kann man außerhalb der Bundeswehr nichts anfangen. Da erleichtert ein abgeschlossenes Studium natürlich den beruflichen Neuanfang ungemein.

Wie kommt man von Sportwissenschaften zur Polizei?
Matthias: Naja, ich war beim Bund als Zeitsoldat insgesamt in sieben Bundesländern stationiert, also immer am Pendeln und das passt mit dem Familienleben nicht wirklich zusammen. Und als ich mich irgendwann entscheiden musste, ob ich Berufssoldat werden möchte oder was anderes – da lag Polizei nahe, da es ein bisschen artverwandt ist. Meine Bewerbung bei der bayerischen Polizei hat geklappt und so konnte ich in München bleiben. Aktuell bin ich bei der Kriminalpolizei und bearbeite alle Fälle zur sexualisierten Gewalt gegen Kinder.
Okay, da braucht man viel Abgrenzungspotenzial, oder?
Matthias: Ja, man muss damit umgehen können; es ist ein Themenfeld, das sicherlich nicht alle bearbeiten können.
Und Lina, dein beruflicher Werdegang in Kürze?
Lina: Ich habe ein berufsbegleitendes Studium mit Fachrichtung Bank und Finanzmanagement absolviert – drei Jahre in Ravensburg studiert und war gleichzeitig bei Unicredit angestellt. Wegen der vielen Möglichkeiten habe ich mich für die Zentrale in München entschieden. Und bin seitdem in unterschiedlichen Positionen im Unternehmen tätig, bin ich im Stab u.a. für die Strategieplanung für die Kundenbetreuung der multinationalen Konzerne zuständig. Manchmal habe ich tatsächlich mit einigen Banktätigkeiten gehadert, aber insgesamt macht mir diese Arbeit Spaß, auch wenn ich mich irgendwann verändern will – vielleicht nach der Elternzeit …?
Mich reizt schon auch, sozial tätig zu sein. Deshalb habe in meiner Freizeit eine Zeit lang über Joblinge Jugendliche begleitet, die auf der Suche nach Ausbildungsplätzen sind.
Apropos Freizeit – gibt es auch Hobbys?
Lina: Ich mache gerne Yoga und ab und zu ein Buch lesen, wenn’s die Zeit erlaubt. Matthias und ich haben ein gemeinsames Hobby – wir haben schon viele gemeinsame Halbmarathons gemacht; vor den Kindern haben wir diese oft mit Städtereisen verbunden – so sind wir in London, Prag, Wien …gelaufen
Matthias: Ja, ich bin auch Ultraläufer, habe also auch Distanzen bis 100 Kilometer gemacht,
Kompliment. Ja, das Thema Marathon kenne ich nur von meiner Tochter, die bereits drei gelaufen ist – in München, Paris und Berlin; sie ist begeistert vom Event-Charakter eines solchen Laufes und der Community.
Lina: Ja, das ist ein Event, das einen erfüllt – durch die Städte zu laufen und dann in einem tollen Stadion einzulaufen – das hat schon was!

Nochmals zur Genossenschaft – wir habt ihr die Progeno entdeckt?
Matthias: Wir sind tatsächlich auch bei der Wagnis Mitglied – das waren die ersten, die wir kennengelernt haben. Da sie aber aktuell in München nicht bauen, habe ich ein bisschen gegoogelt und mitbekommen, wer den Zuschlag für Neufreimann bekommen hat – ich habe übrigens schon mal zwei Monate in der Bayernkaserne zwei Monate gewohnt.
Ureinwohner sozusagen!
Matthias: Ja, genau! Als klar war, wer den Zuschlag bekommen hat, haben wir uns alle Genossenschaften angeschaut; vom Auftritt und von den Grundsätzen, die ihr auf eurer Homepage so für euch festgelegt und kommuniziert habt, wart ihr einfach die sympathischsten.
Lina: Und es war uns schon auch wichtig, dass die Genossenschaft Erfahrung hat im Bauen, also eine solide Professionalität hat, mit der so ein Projekt auch wirklich gestemmt werden kann.
Ja, schön zu hören! Kannst du nur kurz sagen, was für dich das Anziehende ist?
Lina: Ja, dass Gemeinschaft besonders wichtig ist; da geht es nicht nur um den Wohnraum, sondern auch um das Zusammenleben, den Austausch, das sich gegenseitige Unterstützen und Helfen. Deshalb habe ich mich vom AK Werte direkt angesprochen gefühlt und mich von Anfang an eingebracht. Für mich geht es darum, die Gemeinschaft aktiv mitzugestalten, damit wir das Wohnen gemeinsam gut hinbekommen. Bei Diskussionen merkt man, dass natürlich jeder, jede eine andere Sichtweisen mit sich bringt. Ich fand es bisher immer sehr konstruktiv, aber es kann auch emotional werden. Wir müssen eine gemeinsame Basis schaffen, damit man Diskussionen als Gemeinschaft gut aushalten kann, in dem unterschiedliche Meinungen gehört und aufgenommen werden, auch wenn nicht alle Wünsche erfüllt werden können. Das ist wichtig für uns und auch für unsere Kinder – sie sollen nicht in einer anonymen Stadt groß werden, sondern eher so, wie ich es eben auch vom Land kenne – ein bisschen eine eingeschworene Gemeinschaft.



Ja, es ist toll! Das du gleich bei deinem ersten AK-Treffen tatkräftig eingestiegen bist.
Matthias, hast du schon eine Idee, wo du dich zum Beispiel gerne mal einbringen würdest?
Matthias: Ich hatte mich ja für den Vergabeausschuss beworben und bin im AK Waschsalon; ansonsten hängt viel von der Gemeinschaft ab, was da gebraucht wird – ich kann alles, was mit Sport zutun hat, also von Spinning, Yogastunden über Fitnessprogrammer oder auch die Organisation von Veranstaltungen übernehmen und mich da einbringen.
Vielleicht könntest du eine Laufgruppe starten mit Leuten, die auch Lust aufs Laufen haben – wäre einen Versuch wert, das anzubieten
Ja, dann bleibt mir noch die Abschlussfrage: Auf was freut ihr euch am meisten?
Matthias: Eigentlich auf das gesamte Stadtviertel, wo man sich vielleicht noch hier und da einbringen und mitgestalten kann. Die alte Kaserne kenne ich ja noch und ich finde es unheimlich spannend, mitzuerleben, was daraus wirklich entsteht.
Lina: Ich freue mich am meisten auf das neue Leben, auch für die Kinder. Bei den wenigen Malen, bei denen ich die netten Leute von der Baugruppe getroffen habe, fand ich es super spannend. Ein ganz tolles gemeinsames Wohnen und Leben wird das!
Felizitas Mussenbrock-Strauß | Fotos: Familienarchiv
