„Die Zeit so schön wie möglich rumbringen“

Wie führt man ein Gespräch mit Jugendlichen im Lockdown? Ganz einfach: Genauso wie vorher – als Chat! Momo Sachs, Lydia und Benjamin Mussenbrock haben uns einen Einblick in ihr Leben während der Pandemie gegeben – und überraschen mit viel Optimismus.

Benjamin und Lydia Mussenbrock und Momo Sachs (Foto: Tina Rieger-Gudehus)

Prinz-Eugen-Park 22.01.21 – 21:00 Uhr


Silvia: Wie war euer Montag so?
Lydia: Anstrengend, weil wieder Unterricht in der Schule für mich war, und das wesentlich anstrengender ist als online – finde ich auf jeden Fall. Aber Schule gibt auch wieder einen gewissen Rhythmus rein, das ist ein Vorteil.
Momo: Der Tag war ganz schön, weil das Wetter schön war, und ich im Moment noch online Unterricht habe. Ich habe mich also auf dem Balkon gesonnt und Kaffee getrunken und ein bisschen Hausaufgaben gemacht.
Benjamin: Ich bin sehr müde und fertig vom Wochenende, aber den online Unterricht habe ich ganz gut hinter mich gebracht.

Aus der Not eine Tugend gemacht: Interview im Live-Chat (Bild: Silvia Renauer)

Silvia: Was war so los am Wochenende?
Benjamin: 😂😂 das Übliche. Ein bisschen feiern mit einem Freund

Silvia: Lässt man sich im Lockdown mehr gehen? Oder anders gefragt: Zählen jetzt andere Werte?

Lydia: Ja auf jeden Fall, die Motivation präsentierbar auszusehen, sinkt deutlich, da ich das Haus sehr viel weniger verlasse und die Kassiererinnen am Edeka mich schon in jedem Zustand gesehen haben 😅 Und die einzige andere Freundin, die ich in harten Lockdown Zeiten sehe, kann auch nichts mehr erschrecken, und sie weiß die Liebe zu meinen Jogginghosen sehr gut einzuschätzen 🙂

Momo: Ich finde, das Leben im Lockdown basiert vor allem auf Langsamkeit und Genüsslichkeit, deswegen lass ich mich schon ganz gerne gehen und mach mal die Schulsachen nicht …
Aber dafür bin ich aktiver im Haushalt dabei und erledige die wirklich wichtigen Sachen, wie mit meiner Familie plaudern oder mich sehr oft mit Freunden treffen. Das schätzt man jetzt vielmehr…

Silvia: Zählen bei euren Freundschaften jetzt auch andere Dinge mehr als vorher? Habt ihr euch auf „bestimmte“ Freunde konzentriert? Und wenn ja, warum auf genau die?
Benjamin: Ich denke der Freundeskreis beschränkt sich auch auf den engsten Freundeskreis wegen der Regeln. Und dabei wächst man noch viel mehr zusammen, weil man sich eigentlich jeden Tag trifft und nichts zu tun hat außer zu reden. Dann kommt es nicht mehr darauf an, etwas besonders Cooles zu „unternehmen“, sondern einfach viel Zeit zu verbringen und so Spaß zu haben.
Lydia: Dadurch, dass man viele Leute, die man oft zufällig auf Partys trifft und eher nicht geplant und privat, nicht mehr sieht, konzentriere ich mich schon deutlich mehr auf meine engeren Freunde. Ich überlege genauer, mit wem ich meine Zeit verbringe, wenn ich offiziell nur mit einer Person gleichzeitig Zeit verbringen kann; dadurch konzentriert man sich, denk ich, automatisch auf die engeren Freunde – und lernt die aber dadurch auch viel mehr zu schätzen, weil man weiß, dass man sich auch große Unternehmungen und Partys jeden Tag sehen kann, reden kann ohne Ende und sich nie auf die Nerven geht!

Silvia: Das klingt gar nicht so schlecht. Glaubt ihr, die Leute jammern zuviel wegen Corona…?
Lydia: Kommt drauf an, in welcher Situation man ist, um ehrlich zu sein!
Lieber verzichte ich jetzt auf ein paar Partys und so was, als später meinen Job zu verlieren und eine ganze Familie gleichzeitig versorgen zu müssen und das nicht zu können. Trotzdem sind diese Jahre natürlich sehr wertvoll für unsere Jugend und unsere Entwicklung und um Erfahrungen zu sammeln, Leute kennenzulernen und einfach Spaß zu haben. Das ist schon schade natürlich. Trotzdem gibt es immer Menschen, die schlimmer dran sind, deswegen will ich gar nicht jammern und bin froh, dass ich die paar Freunde noch sehen kann, und somit die Zeit so schön wie möglich rumbringen kann.


Silvia: Findet ihr es eigentlich gut, in einer Genossenschaft zu leben, oder macht das nicht so einen Unterschied für euch? Gerade auch in dieser Zeit jetzt …
Benjamin: Ich denke, das macht keinen so großen Unterschied, also für uns Jugendliche.
Lydia: Von der Genossenschaft selbst bekomme ich persönlich nicht so viel mit. Das beste an dieser Genossenschaft ist, dass ich jetzt näher an der Stadt wohne als früher 😅 Ich bin froh, dass ich im Keller unseren Jugendraum habe, welche ich jeden Tag nutzen kann – egal ob fürs lernen oder mit Freunden.


Silvia: Nutzt ihr den Jugendraum noch?
Lydia: Ich benutze ihn so gut wie jeden Tag. Bin aber auch so gut wie die einzige, die den Raum nutzt – soll aber am besten auch so bleiben 😇
Benjamin: Ja auf jeden Fall. Vorallem zum Lernen oder Sport machen eignet er sich perfekt, da man unten meist allein und ungestört ist.


Silvia: Worauf freut ihr euch am meisten, wenn Corona vorbei ist? Was sind eure Pläne – vielleicht sogar Träume?
Lydia: Ich freue mich, alle meine Freunde wieder auf einmal sehen zu können, in Menschenmengen einzutauchen, aufs Oktoberfest zu gehen und natürlich endlich wieder zu reisen – vor Allem nach dem Abitur einfach mal raus aus München in entfernte tropische Länder ohne an die Pandemie, die unser Leben ein ganzes Jahr so verändert hat, denken zu müssen!
Benjamin: Ich will endlich mal wieder auf eine Party mit vielen Menschen, wo ich neue Leute kennenlernen kann, ohne mir dabei die ganze Zeit Sorgen wegen der Polizei machen muss! Außerdem will ich mit meinem engsten Freunden unbedingt wieder ins Ausland in dem Urlaub fahren 😃

Silvia: In diesem Sinne wünsche ich euch eine gute Nacht und richtig schöne Träume 🤩. Vielen lieben Dank für eure Zeit!

Silvia Renauer

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