Zur Person: Ute Strittmatter

Sie setzte sich für die Rechte von behinderten Frauen und Mädchen ein

Die künftigen Bewohnerinnen und Bewohner der Progeno eG im Quartier WA4 wohnen ab Ende des nächsten Jahres in der Ute-Strittmatter-Straße in Freiham. Wer verbirgt sich eigentlich hinter diesem Namen?

Weibliche Straßennamen sind in München deutlich unterrepräsentiert. Um dem etwas entgegen zu wirken, wurden in Freiham bewusst verdiente Frauen geehrt, indem nach ihnen Straßen in dem neuen Stadtteil benannt wurden. Dazu gehört die 2016 verstorbene Ute Strittmatter, die sich für die Rechte und Inklusion von Frauen und Mädchen mit Behinderung stark gemacht hat.

Ute Strittmatter kam mit einer spinalen Muskelatrophie zur Welt, eine Form des Muskelschwunds. Seit ihrer Kindheit saß sie im Rollstuhl und benötigte persönliche Assistenz. Sie wuchs in München auf und besuchte das Dante-Gymnasium bis zur 13. Klasse. Jedoch hatte sie ab der achten Klasse aufgrund ihrer Behinderung nur mehr einen Gastschülerstatus und wurde deshalb nicht mehr benotet. Das bedeutete, dass sie vom Gymnasium ohne einen Abschluss der Mittleren Reife oder Abitur abging.

Von der Mitgründerin der Fachoberschule (FOS) in den Ernst-Barlach-Schulen des Rehabilitationszentrums Pfennigparade, Dr. Antonie Vieregg, wurde sie dann überredet, ihren Abschluss der Mittleren Reife nachzuholen, um dann von 1985 bis 1987 die FOS zu absolvieren. Anschließend studierte Strittmatter dann an der Fachhochschule Sozialpädagogik.

Ute Strittmatter (rechts) mit Nina Ruge (links) bei einem Empfang 2008 zugunsten der Stiftung Netzwerkfrauen Bayern, Copyright Imago/Heuberger/Eventpress

80 Bewerbungen und 80 Absagen

1992 machte sie dort ihren Abschluss und begann, sich zu bewerben. Nachdem sie auf 80 Bewerbungen 80 Absagen bekam, begann die sie „aus lauter Frust“ ein zweites Studium in den Fächern Pädagogik, Psychologie und Politik an der Ludwig-Maximilian-Universität. Nach der Zwischenprüfung unterbricht Strittmatter ihr Studium für ein Jahr, um eine befristete Stelle als Sozialpädagogin in der Vereinigung Integrationsförderung zu übernehmen. 1996 hat sie dann ihr Studium wieder aufgenommen und vier Jahre später erfolgreich beendet.

2000 hat die frisch gebackene Magistra dann das Netzwerkbüro des Netzwerkes von und für Frauen und Mädchen mit Behinderung in Bayern übernommen, zu dessen Gründerinnen sie zählte. Die Netzwerkfrauen haben es sich zur Aufgabe gemacht, beharrlich an Barrieren zu ruckeln und Frauen und Mädchen trotz ihrer Behinderung ein gleichberechtigtes und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

Als ich bei den Netzwerkfrauen angefangen habe, dachte ich beim Stichwort Barrierefreiheit an Gebäude ohne Stufen. Heute ist der Begriff sehr viel weiter gefasst und bezieht sich auf alle Lebensbereiche. Ich persönlich ärgere mich am meisten über Barrieren in Köpfen.“

Ute Strittmatter

Strittmatter machte sich als Aktivistin für diese Anliegen in der Stadt und darüber hinaus einen Namen. Eines der Themen, das sie in das öffentliche Bewusstsein gebracht hat, ist die psychische, körperliche oder sexualisierte Gewalt gegen Frauen mit Behinderung. Diese sind in Deutschland dreimal so häufig von sexueller Gewalt betroffen, wie der Bevölkerungsdurchschnitt. Ute Strittmatter ist Ende 2016 plötzlich und unerwartet verstorben.

Damit ist unsere kleine Serie über die Straßennamen, in denen Progeno im Prinz-Eugen-Park und in Freiham Wohnungen gebaut hat oder baut, vorerst einmal vollständig. Wenn ein neues Projekt hinzukommt, werden wir die Serie ergänzen.

Robert Allmeier

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