„Zusammen“ – die Wiederentdeckung des Gemeinsinns

Urich Schnabel hat ein lesenswertes Buch geschrieben, das wir empfehlen können:
“Zusammen“ – Wie wir mit Gemeinsinn globale Krisen bewältigen.

Klimawandel, Pandemien und Populismus stellen unsere Gesellschaft vor eine enorme Zerreißprobe. Um sie zu meistern, braucht es nicht mehr Technik oder Wettbewerb, sondern die Schlüsselkompetenzen des 21. Jahrhunderts: Gemeinsinn.
An diesem Gemeinsinn fehlt es heute vielfach: Die westlichen Demokratien kämpfen mit gesellschaftlichen Polarisierungen, mit populistischen Strömungen und mit einem abnehmenden Zusammenhalt. Diese vergessene Tugend, so Ulrich Schnabel, ist in uns allen angelegt, doch es braucht den richtigen politischen Rahmen, um sie wieder zu stärken!

Wir halten dagegen:
Als Mitglieder einer Wohnungsgenossenschaft interessiert uns, was moderner Gemeinsinn heute bedeutet bzw. bedeuten kann. Wir erleben konkret die soziale Energie einer größeren Gemeinschaft – erfahrbar an zahlreichen Orten der Begegnung, an denen Genossinnen und Genossen aus unterschiedlichen Schichten, Berufen, Ländern zusammenkommen. Daraus ergeben sich freilich auch
irritierende soziale Interaktionen, die uns im besten Fall aus unseren Routinen helfen.

Ein Beispiel aus der aktuellen Politik, das Mut machen sollte:
Im Zeitalter der Krisen und Katastrophen können ungewöhnliche Kooperationen zwischen gegensätzlichen Akteuren unter besonderen Umständen gelingen. Der Angriff Wladimir Putins auf die Ukraine führte dazu, dass die vorher keinesfalls einigen Europäer sich plötzlich eng zusammen schlossen. Es klingt wie eine Binsenweisheit, aber äußerer Druck oder eine alle betreffende Katastrophe birgt eben immer auch die Chance, Differenzen zu überwinden und eine Grundlage für Gemeinsamkeiten zu finden.
Derzeit herrschen weltweit beste Voraussetzungen für die Entwicklung eines mehr gemeinschaftlich orientierten Denkens. Die Corona- Pandemie lässt sich durchaus als einen Weckruf der Menschheit begreifen! Es braucht ein Mehr an aufgeklärter Art von Gemeinsinn, in einer modernen, auf Freiheit basierenden Demokratie.

EIn Plädoyer für Gemeinschaft und Gemeinsinn:
Ulrich Schnabel formuliert ein Plädoyer für eine Politik des neu zu entdeckenden und zu stärkenden Gemeinsinns! Er hat hierzu viele Beispiele, Forschungsergebnisse und Veröffentlichungen zusammengetragen. Das Erleben einer größeren Gemeinschaft setzt soziale Energie frei, die es zu nutzen als auch zu genießen gilt!
Eine Neudefinition von Gemeinschaft und Gemeinsinn erfordert allerdings auch, auf die Gefahren hinzuweisen. Wie kann man sich vor der emotionalen Ansteckung schützen, wie widersteht man dem so tief in uns verwurzelten Hang zum Konformismus? Schützen kann sich nur, wer um die eigene Manipulierbarkeit weiß – nur, indem wir anerkennen, dass wir oft unbewusst von den Ansichten und Meinungen in unserem Umfeld beeinflusst werden. Eine tiefe Einsicht, die wir aus den Lehren des Nationalsozialismus zu ziehen hatten.

Schwarmintelligenz und Schwarmdummheit
Schwarmintelligenz wird im Internet-Zeitalter als die Weisheit der Vielen, die virtuell vernetzt zusammenarbeiten, gefeiert! In globalen Unternehmen machen sie eher Brutstätten für Schwarmdummheit aus. „So blöd sind wir nur gemeinsam!“
Rationalität und gute Verbesserungsvorschläge werden oft ignoriert. Stattdessen vertraut man auf einzelne laute Wichtigtuer und trifft faule Kompromisse.

„Wo im Schwarm findet sich jeder vor?“ , aus dem besprochenen Buch S. 85

Kein Mensch ist eine Insel – Die Kraft von Netzwerken
Ohne ein ganzes Netzwerk an Helferinnen und Helfern, Mitstreitern und Unterstützerinnen wären weder die Klima- noch die Bürgerrechtsbewegung je in Schwung gekommen.
Machen wir uns bewusst, in welchen Netzwerken sich jede/r von uns befindet und welche Kräfte und soziale Energien uns darüber zur Verfügung stehen.

Warum es auf uns alle ankommt:
Keine/r braucht einen Masterplan, doch können wir alle an der Lösung mitarbeiten. Die Netzwerkforschung zeigt, jede Handlung kann weitere anstoßen und dem Umfang und der Komplexität der Probleme steht am Ende die Lösungskompetenz von acht Milliarden Menschen gegenüber!

Zum Schluss ein Selbstversuch:
Mein persönliches Netzwerk (S. 186):
„Um ein Gespür für die eigene Vernetztheit zu bekommen, lohnt es sich, einmal sein eigenes Netzwerk zu skizzieren. Nehmen Sie dazu ein möglichst großes Blatt Papier (DINA3 oder größer), setzen Sie sich selbst in die Mitte und schreiben Sie in einem großen Umkreis alle Personen auf, mit denen Sie regelmäßig Kontakt haben: Familienangehörige, Arbeitskolleginnen und -kollegen, Freundinnen und Freunde (auch jene, mit denen Sie vorwiegend digital verbunden sind), Nachbarinnen und Nachbarn und andere Menschen, mit denen Sie sich öfter austauschen … Sie werden merke: Schon dieser ‘innere Kreis’ der Erstkontakte wird vermutlich größer, als Sie je dachten.

Viel Spaß dabei!

Das Buch: „Zusammen, Wie wir mit Gemeinsinn globale Krisen bewältigen“ von Ulrich Schnabel beim Aufbau-Verlag

Karla Flügel | Fotos: Felizitas Mussenbrock-Strauß

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